Projekt

Über das Projekt
© SMNKG - Matthias Daufratshofer

Rund 15.000 jüdische Menschen aus ganz Europa baten während des NS-Regimes Papst Pius XII. und den Vatikan um Hilfe. Die Bittschreiben stammen von Frauen und Männern, von Kindern und Jugendlichen, ihre Verfasser gehören den unterschiedlichsten jüdischen Denominationen, sozialen Schichten und Generationen an. Sie schrieben auf Deutsch und Italienisch, auf Französisch und Rumänisch, auf Jiddisch und Ungarisch. Jeder einzelne Brief erzählt aus der Ich-Perspektive die Geschichte eines einzigartigen Menschen, emotional nahegehend. Wir werden Zeuge von Gräueln und Entwürdigung, Verfolgung und Hunger, Deportation und Todesangst, aber auch von Hoffnungen und tatsächlicher Rettung. Menschen, deren Leben und Andenken die Nationalsozialisten auslöschen wollten, erhalten wieder eine Stimme und ein unverwechselbares Gesicht.

Diese Briefe waren bisher unbekannt. Sie wurden in den Akten aus dem Pontifikat Pius’ XII. (1939-1958) in den vatikanischen Archiven („Geheimarchiven“) entdeckt, die erst seit dem 2. März 2020 der Forschung zugänglich sind. Sie bilden einen in dieser Dichte einmaligen Bestand von Egodokumenten jüdischer Opfer des Holocaust, die uns jedes einzelne Schicksal unmittelbar miterleben lassen. Oft sind es die letzten Texte, die sie vor ihrer Ermordung schrieben.

Durch die Aufarbeitung dieser einzigartigen Dokumente erfahren wir aber auch Neues zur Haltung Pius’ XII. zum Holocaust sowie zur Organisation und Funktionsweise der Römischen Kurie. Wir stoßen dort auf Antisemiten und Judenfreunde. Im Mittelpunkt aber stehen die Opfer. Ihre Briefe warnen uns heute vor einem neuen Antisemitismus und dem Wegschauen – unentbehrliche Stimmen aus der Vergangenheit für unsere Zukunft.

Das Projekt #askingthepopeforhelp verfolgt zwei wesentliche Ziele:

  1. Auffindung und wissenschaftliche Erschließung der in den unterschiedlichen vatikanischen Archiven verstreuten Bittschreiben und der dazu gehörenden einschlägigen Quellen, Rekonstruktion der weiteren Schicksale der hier vorkommenden jüdischen NS-Opfer auf der Basis der vatikanischen Quellen sowie nationaler wie internationaler Online-Quellen und Publikation der Ergebnisse im Rahmen einer kritischen digitalen Edition.
  2. Kontinuierliche, umfassende Wissenschaftskommunikation und „didaktisch“ aufbereitete exemplarische Wissensvermittlung auf dem gesamten Feld der politischen Bildung für verschiedene Zielgruppen im Sinn einer Anti-Antisemitismuserziehung – vom schulischen Unterricht bis zur gesamtgesellschaftlichen politischen Bildung.