Johanna Sokoließ, Fachreferentin und Leiterin des Projekts „Informiert, couragiert, engagiert! Eine gemeinsame Initiative gegen Antisemitismus“

Frau Sokoließ, das Projekt „Informiert, couragiert, engagiert!“ tritt dem gesamtgesellschaftlichen Problem Antisemitismus entgegen und setzt dort an, wo sich tagtäglich zigtausende Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen begegnen: am Arbeitsplatz. In welchem Format ist das Bildungsangebot konzipiert? 

Die Weiterbildung „Informiert, couragiert, engagiert“ ist als Blended Learning Format konzipiert. Das heißt: Workshops und digitale Selbstlernphasen wechseln sich ab. Das hat zum einen den Vorteil, dass die Lernenden sich in den Selbstlernphasen ihre Zeit flexibel einteilen und aus einer Auswahl an multimedialen Lernangeboten auswählen können. Die Materialien stehen den Teilnehmenden auf einer nutzer:innenfreundlichen Lernplattform, der EVZ Academy, zur Verfügung. Das Schöne ist, dass so sowohl asynchrones als auch interessengeleitetes Lernen möglich sind.

Zum anderen können die in den Selbstlernphasen erarbeiteten Inhalte in Workshops, die sowohl digital als auch in Präsenz stattfinden, vertieft, in praktischen Methoden angewandt und gemeinsam diskutiert werden. Somit wird auch der so wichtige Austausch untereinander und die gemeinsame Reflexion über die Situation am eigenen Arbeitsplatz gewährleistet. Durch den Ansatz können die Vorteile von digitalen Lernangeboten und Workshops kombiniert werden.

Wurden Expert:innen und Vertreter:innen aus jüdischen Selbstorganisationen in die Ausgestaltung der Inhalte eingezogen?

Ja, für uns war es essenziell, bereits in der Konzeptionsphase möglichst viele Stimmen und interdisziplinäre Expertise zu hören und unsere Überlegungen und Konzepte immer wieder kritisch zu überprüfen. Dafür haben wir ein projektbegleitendes Sounding Board berufen, in dem sowohl Expert:innen aus Wissenschaft und Bildung, Vertreter:innen jüdischer Selbstorganisationen und auch ein Vertreter aus der Zielgruppe zusammenarbeiten. Die regelmäßigen Sitzungen sind für uns ein wichtiger Resonanzraum, der uns ermöglicht, diverse Perspektiven zu berücksichtigen und auch über strittige Themen zu diskutieren. Was mitunter auch etwas kontrovers sein kann – aber immer ausgesprochen hilfreich und zielführend ist.

Übrigens haben wir im Vorfeld auch Umfragen in der Zielgruppe und leitfragengestützte Interviews geführt, um das Angebot passgenau zu konzipieren. Denn es sind ja die Mitarbeitenden der Unternehmen, die wir für unser Angebot begeistern möchten. 

Können weitere interessierte Unternehmen und Betriebe Teil des Projektes werden? Wo kann man sich anmelden?

Aktuell sind wir in der Pilotphase des Projekts. Konkret heißt das, dass wir zwischen Mai und Juni unseren ersten Blendend Learning Kurs umsetzen. Wir erhoffen uns viele hilfreiche Erkenntnisse aus diesem ersten Durchlauf: Was funktioniert gut, wo muss eine Methode noch angepasst werden? Welcher Text ist zu lang oder unverständlich formuliert? Wo braucht es noch weitere Hintergrundinfos für die Kontextualisierung? Auf Grundlage einer ausführlichen Evaluation möchten wir Antworten auf diese und weitere Fragen finden und die Inhalte entsprechend weiterentwickeln. Im zweiten Halbjahr planen wir weitere Durchläufe und freuen uns über Anfragen interessierter Betriebe! Unternehmen können gleich auf mehreren Ebenen von dem Projekt profitieren: Die Verbreitung von Verschwörungsmythen und die pauschale Abwertung anders Denkender wirken sich negativ auf das Arbeitsklima, das kollegiale Miteinander und die Motivation einzelner aus. Ein geschärftes Auge für antisemitische Haltungen und Handlungen, Handlungs- und Sprechfähigkeit hingegen sind Grundvoraussetzungen für ein respektvolles und wertschätzendes Arbeitsumfeld und eine gelingende Unternehmenskommunikation – nach innen und nach außen. Das Engagement gegen Antisemitismus ist zudem ein starkes Signal für das Wahrnehmen sozialer Verantwortung und Achtung der Menschenrechte.

Über die Kontaktdaten auf unserer Projektseite ist eine Anmeldung ganz einfach möglich. Das Angebot ist für die teilnehmenden Unternehmen übrigens kostenlos. Einzig die Arbeitszeit der Mitarbeitenden schlägt zu Buche. Doch das ist gut investierte Zeit!